Kapitel 2

Samstag, 3. September 2011 | 6 Kommentare

12:53, ein Vibrieren reißt mich aus meinem  Schlaf. Ich richte mich auf, reibe mir meine noch halb geschlossenen Augen und lasse mich dann wieder fallen, weil mir die Sonne ins Gesicht schien. Ich nahm mein Handy, das gleich neben mir lag. Marie
.
''Hallo, mein Herz.'' ,murmele ich mit rauer Stimme. ''Hey, ich ignoriere jetzt einfach mal die Tatsache, dass ich dich mit Sicherheit gerade geweckt habe und gehe mal davon aus, dass du schon auf dem Weg zu mir bist.'' ''Ich, ja. Natürlich. Ich..ähm. Ich stehe gerade im Stau'' ''Ehrlich?'' ''Ja..scheint ziemlich voll zu sein in der Stadt'' ''Hm, ja.'' Noch bevor ich mich innerlich dafür loben konnte, so schnell gute Ausreden zu erfinden,fing mein Wecker an zu klingeln. Ich greife schnell nach etwas, das ich werfen könnte und innerhalb weniger Sekunden liegt Wecker samt Kopfkissen auf dem Boden. ''Du warst nie der beste Lügner, ich gebe dir fünfzehn Minuten um mit deinen Sachen bei mir zu sein.'' ,sagte sie und lacht dabei unüberhörbar. Noch ehe ich mich rechtfertigen oder irgendeine neue,total gute Ausrede erfinden kann, höre ich nur noch 'TUT,TUT' .  Aufgelegt, hm. Ich schaue auf die Uhr. In 15 Minuten also. Der Zeiger schlägt um. 14. Ich habe nicht mehr viel Zeit.  Ich gebe dir  fünfzehn Minuten, um mit deinen Sachen bei mir zu sein. Was für Sachen? Werfe einen kurzen Blick auf den Kalendar. Das ganze Wochenende ist gelblich angestrichen,aber noch so, dass man die Zahlen lesen kann. 'Camping-Wochenende mit Marie,Soph,Finn.' Ich haue mir mit der flachen Hand an meine Stirn.-Autsch, zu fest-. Manchmal hasse ich mich für meine Vergesslichkeit. Machmal, da ist es echt schwer ich zu sein. 10. Greife blind in meinen Kleiderschrank, stopfe alles in den nächstbesten Rucksack, den ich finden konnte. Putze meine Zähne,packe und habe die Uhr im Auge. 8 Minuten. Dann soll man mir nochmal sagen, Männer seien nicht Multitasking fähig.  Wasche mein Gesicht, schaue kurz in den Spiegel, wuschel kurz durch meine Haare.  Sprühe mir schnell das Parfüm drauf, dass sie mir zu Weihnachten geschenkt hat, bevor ich die Wohnung verlasse. 'Warum haben wir es überhaupt so eilig? Ob ich jetzt fünf Minuten später komme oder nicht, ist doch egal. Wir haben Zeit.' , sage ich mir und renne zu meinem Auto. Ich darf nicht zu spät kommen.

Zum Glück sind die Straßen relativ frei und ich komme gut durch. Ich schaue auf meine Uhr, noch 2 Minuten. Atme tief ein und aus, mache es mir gemütlich. Nach solchen Situationen bin ich immer so schwach und müde. Schließe die Augen und öffne sie sofort wieder, weil mich ein lauter Knall erschreckt. Ich schaue durch das Fenster rüber zu Maries Haus. Sie steht direkt vor meinem Fenster. Ich lasse es runter. ''Freut mich, dass du genug Zeit hast, um im deinen Auto noch ein wenig zu dösen, du Blödi. Du bist sowieso schon zu spät!''  ''Ähm, ich habe noch 2 Minuten?'' Werfe einen schnellen Blick auf meine Uhr und korrigiere mich sofort. ''Ich meine 30 Sekunden.''  ''Auf deiner Uhr vielleicht. Wann stellst du sie endlich mal um? Wegen ihr bist du immer 10 Minuten zu spät.'' Ich erinnere mich und haue meinen Kopf gegen das Lenkrad und ich werde das Gefühl nicht los, dass mein Kopf heute ziemlich viel aushalten muss. Beschämt entschuldige ich mich, ''Tut mir leid''.  Schaue wieder hoch, Marie steht schon in der Haustür und schreit : ''Verdammt du Schlafmütze, anstatt dich an deinem Lenkrad ohnmächtig zu schlagen, hilf mir mal lieber meine Taschen zu tragen!'' Bevor ich aussteige und zu ihr renne, haue ich mir nochmal an den Kopf. Jetzt fühle ich mich besser. Im Haus erwarten mich schon Soph und Finn. ''Na endlich!'' ''Habt ihr geübt, das gleichzeitig zu sagen oder war das einfach nur Zufall?'' ''Na,genug Zeit hatten wir ja.'' Für die Antwort hätte ich Finn jetzt an den Kopf hauen können, aber ich hatte beide Hände voller Taschen und ich will ihn nicht schon am ersten Tag bewusstlos schlagen. Wobei die Fahrt dann schön ruhig wäre. Während ich mir vorstelle, wie schön es wäre, wenn Finn ohnmächtig ist oder einfach nur freiwillig einschläft, laden wir das ganze Gepäck ins Auto. ''Das ist ziemlich viel'', bemerke ich und werfe die letzte Tasche in den Kofferraum. ''Hättest du Zeit gehabt, dir Gedanken zu machen, was du mitnehmen sollst, dann wärs auch nicht bei einer kleinen Tasche geblieben. Wie ich dich kenne, hast du es wieder mal vergessen und erst heute früh gemerkt, dass da ja noch was anstand'', antwortet Marie darauf.Darauf habe ich wieder Antwort. Sie kennt mich nur zu gut. Manchmal, da macht sie mir Angst deswegen. Entweder steht irgendwo irgendein Penner, der Bücher von mir verkauft, in denen beschrieben wird, wie ich bin und was ich mache oder die Anderen kennen mich einfach zu gut. Oder ich mich zu schlecht. ''Ab jetzt, ich will losfahren. Alle einsteigen, setzt euch hin, wo ihr wollt. Nur am Steuer sitze ich, weil ich dir nicht vertraue Finn!'', ich muss lachen, genauso wie die Drei. ''Und neben mir ist auch besetzt, für Marie. Ist ja klar. Okay, ich nehms zurück. Setzt euch nicht hin, wo ihr wollt, sondern einfach da, wo noch Pla-'' , Marie unterbricht mich, indem sie mir einen Kuss gibt und meine Wange streichelt. ''Du redest zu viel'' ''Du siehst zu gut aus''. Wir kichern. Aufeinmal hustet Soph unüberhörbar laut. Finn ist sofort an ihrer Seite. ''Alles okay?'' ''Nein, ich werde vom Warten immer so schrecklich krank!'' Wir lachen wieder und steigen dann ein. Jeder hat seinen festen Platz und das ist gut so.

Wir sitzen, jeder da, wo er hingehört. Ich lasse die Fenster runter und drehe mich so um, dass ich allen Dreien ins Gesicht schauen kann. ''Auf ein gutes Wochenende!'' Sie wiederholen es im Chor. Das vorhin scheint nur Zufall gewesen zu sein. Na endlich. Ich drehe die Musik voll auf, wir spüren jeden Schlag, jeden Bass. 'The bittersweet between my teeth, trying to find the inbetweens. Fall back in love eventually. Yeah,yeah,yeah' Marie nimmt meine Hand und ich trete aufs Gaspedal. WIr fahren los.
Auf ein gutes Wochenende.

Kapitel 1

Wie ist es wohl, alles zu verlieren, was einem wichtig ist, selbst das, was einem weniger wichtig ist. Wie ist es von heute auf morgen nichts zu sein, alleine, vergessen. Wie ist es, wenn sich jeder von Einem abwendet, die große Liebe, die guten Freunde, selbst die Eltern, die ganze Familie. Und wie ist es, den Grund dafür nicht zu kennen?

Eine sanfte,vertraute Stimme reißt mich aus meinen Gedanken,''Ist alles okay?Geht es dir gut?'' Und mit ihrem Klang,verschwindet  die Dunkelheit, die mich wieder für einen kurzen Moment umarmt hat. Eingeschlossen in mir selber, das bin ich. Ich habe doch ein Recht daraf, verschlossen zu sein, oder? In letzter Zeit schließt sie mich häufig ein, bin oft verloren in meinen Gedanken. Das Bild vor meinen Augen ändert sich langsam mit jedem Blinzeln. Die Dunkelheit verblasst, Stück für Stück. Jetzt erkenne ich Umrisse von einem Menschen, ein stechendes Grün. Ich höre Gelächter und Geschreie. Das Bild wird schärfer und ich erkenne ein wunderschönes Mädchen, die einen besorgten Ausdruck in ihrem Gesicht trägt. Sie versucht das mit einem freundlichen Lächeln zu überspielen. Es ist Marie, meine Freundin. Ohne zu Antworten schaue ich mich verdutzt um, wir sind an unserem See, da, wo wir uns vor gut einem Jahr kennengelernt haben. Es war an einem Freitag Nachmittag, die Sonne schien. Ich war mit Kumpels da und sie mit ihren Freundinnen. Sie ist mir sofort aufgefallen. Marie erinnerte mich an einen Engel, mit ihrem goldenen Haar und ihren tiefblauen Augen. Ihr Lachen hatte mich verzaubert, es war der wahrscheinlich schönste Klang, den ich je gehört habe. Was heißt war? Es ist der schönste Klang. Wir haben uns dort öfters gesehen, waren fast jeden Tag dort. Tauschten Blicke aus, Lächelten uns an. Irgendwann nahm ich dann meinen ganzen Mut zusammen und ging auf sie zu. Wir redeten, lachten, es hätte nicht schöner sein können. Verstanden uns ganz ohne Worte. Zusammen kamen wir erst nach fünf Monaten, ich erinnere mich genau. Es war an einem Tag im Juli, der Siebzehnte, wir waren verabredet, wollten uns zusammen die Kölner Lichter anschauen. Sie hasst Menschenmengen, deswegen haben wir einen Platz gesucht, an dem wir ungestört sind und trotzdem noch alles sehen konnten und wir fanden ihn auch. Ich setze mich ins nasse Gras, war dankbar für den Moment. Sie hat es angefasst, das Wasser zwischen ihren Fingern verrieben und ich verstand. Ich zog meine Jacke aus und legte sie ihr hin, dann hat sie sich hingesetzt. Wir schauten dem Spektakel zu, es war wunderschön. All die Lichter, all die Farben. Unser Abstand zueinander verringerte sich, sie ist näher zu mir gerutscht, saß dicht neben mir, hat ihren Kopf an meine Schulter gelehnt. Ich legte meinen Arm um sie und so blieben wir eine Weile sitzen. Auf einmal richtete sie sich  auf und schaute mir tief in die Augen, so tat ich das auch. Wir schauten uns bestimmt zehn Minuten an, redeten kein Wort. Die Lichter spiegelten sich in unseren Augen wieder. Ich war glücklicher denn je, wollte nirgendwo anders sein, mit niemand anderem, nur mit ihr, dort, am Liebsten fürimmer. Plötzlich tat es enen lauten Knall, gefolgt von einer großen Lichtexplosion. Marie zuckte zusammen, löste den Blick von mir und schaute zu dem Feuerwerk. Ich drehte ihren Kopf sanft mit meiner Hand wieder zu mir und küsste sie. Lange, leidenschaftlich. Der Moment war unbeschreiblich. Sie ist und war meine erste Liebe, meine lodernde Flamme.

 ''Du bist in letzter Zeit öfters abwesend, nicht bei der Sache, es ist doch irgendwa-..'' , ich unterbreche sie mit einem Kuss. ''Wir sind zusammen, was sollte sein, außer, dass ich verdammt glücklich bin?'' , antworte ich und lächele sie an. Marie's besorgter Gesichtsausdruck verschwindet und ich bin mir wieder sicher, dass ihr Lachen echt ist. Sie packt ihre Sachen zusammen, die verstreut auf der Decke liegen, auf der wir sitzen. Ich schaue sie verdutzt an, sie will doch nicht schon gehen? Und wohin? Wieso?  ''Es ist 22:00 Uhr, wir sind um 16:00Uhr hierhergekommen, das sind sechs Stunden. Schau nicht so, als wären wir erst eine Stunde hier.'' , lachte sie. ''Außerdem halte ich dich nicht länger aus'' Marie schaute mich an, um meine Reaktion zu sehen. Ich setzte den übertrieben,traurigen Gesichtsausdruck auf,  formte meine Lippen zu einem Schmollmund, es ist der Ausdruck, der sie immer zum Lachen bringt. Was er mal wieder geschafft hat. Sie streicht mir durch die Haare, berührt meine Wange und gibt mir einen Kuss. ''Ich muss nach Hause, du kennst meinen Dad.'', flüstert sie in mein Ohr. Wir packen den Rest zusammen, ihr Haus ist zu Fuß gut 20 Minuten entfernt. Wir laufen los, Hand in Hand. Schweigen den ganzen Weg vor uns hin, lächeln ab und zu, weil wir wunschlos sind, wunschlos und glücklich. Ich bringe sie bis vor ihre Haustür und sie dreht sich nochmal um, bevor sie hinter der Tür verschwindet. ''Es gibt Tage, die geschehen ganz ohne Zufälle.'', sagt sie. ''Ich denke, dass der Tag, an dem wir uns kennenlernten, so Einer war. Es ist kein Zufall gewesen, das wir uns getroffen haben, dass wir fast jeden Tag da gewesen sind. Nein. Und jetzt, genau jetzt, das hier ist auch keiner.'' Ich nicke.''Stimmt, das ist pure Absicht. Das Schicksal muss uns wohl hassen!'' Wir lachen laut und aus dem Herzen, küssen uns, bevor sie hinter der Tür verschwindet. ''Es ist kein Zufall, nein. Das ist Glück, pures Glück.'' , murmele ich vor mich hin und mache mich auf den Weg nach Hause.
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